Angebote des Musikwissenschaftlichen Seminars der Universität Freiburg
Export-
Vorlesung
Tradition und Moderne: Max Reger (1973–1960)
Lehrende: Steiner-GrageStart: 27.04.2022Tag: Mittwoch 10:00–12:00Raum:Zielgruppe:Für alle Interessierten, Abschluss: unbenoteter Schein. Wenn Sie die Veranstaltung besuchen möchten, wenden Sie sich bitte vorab an die Dozierenden.
Modul:Abschluss: Keine Angaben„O, es ist zum Konservativ werden.“ – Mit diesen Worten kommentierte Max Reger die 1909 erschienenen Drei Klavierstücke op. 11 von Arnold Schönberg. Nichtsdestotrotz weitete der auch gebürtige Oberpfälzer Reger die Grenzen der traditionellen Harmonik kontinuierlich aus, überschritt sie zuweilen und betrat mit manch unbekannterem Werk sowohl harmonisch als auch expressiv Neuland (z.B. im nur fragmentarisch erhaltenen Dies Irae WoO V/9 aus dem Jahr 1914).
In seinen nur 43 Lebensjahren schuf der bekennende „Accordarbeiter“ eine schier überbordende Masse an Werken in fast allen Genres außer der Oper. Am bekanntesten wurden die Orgelwerke, in denen er dem Kircheninstrument Orgel die Klanglichkeit eines regelrechten Sinfonieorchesters verlieh und den Interpreten allerhöchste spieltechnische Virtuosität abverlangte. Trotz seiner gemäßigt modern-atonalen Schreibweise gründete Reger sein Schaffen fest auf dem kontrapunktischen Fundament des verehrten Vorbilds Johann Sebastian Bach und blieb auch sonst meist dem tradierten Formenkanon der Musikgeschichte treu. In der Vorlesung werden sowohl der bewegte Lebenslauf Regers in der Zeit vor und im Ersten Weltkrieg in den Blick genommen als auch die verschiedenen Werkgattungen exemplarisch untersucht.
-
Seminar
Mehrstimmigkeiten 1100–1270 – Corpora, Notation und digitale Edition
Lehrende: VoigtStart: 02.05.2022Tag: Montag 16:00–18:00Blockzeiten:Datum Uhrzeit Ort 16.07.2022 10:00–16:00 Raum: HS 1119Zielgruppe:Für alle Interessierten, Voraussetzung ist die abgeschlossene Einführungsveranstaltung der Musikhochschule und vertiefte Kenntnisse im musikwissenschaftlichen Arbeiten. Wenn Sie die Veranstaltung besuchen möchten, wenden Sie sich bitte vorab an die Dozierenden.
Modul:Abschluss:Abschluss: benoteter Schein.
Im Laufe des 11. Jahrhunderts veränderte sich die Praxis zweistimmigen Singens so deutlich, dass die Theorie der zweistimmigen Choralbearbeitung um 1100 einer fundamentalen Reformulierung unterzogen wurde. Mit diesem Paradigmenwechsel der „Organum-Lehre“ ist angezeigt, dass sich um 1100 eine Freisetzung von Gestaltungsoptionen ereignete, denen sich letztlich europäische Mehrstimmigkeit als „kompositorisches“ Betätigungsfeld verdankt. Einmal angestoßen zeitigte diese Dynamik Folgen, etwa in der Modalnotation der Notre-Dame-Handschriften mit ihrer „Entdeckung des musikalischen Rhythmus“.
Zwischen der ersten Schicht nicht-mensuraler aquitanischer Zweistimmigkeit des 12. Jahrhundert und der modalrhythmischen Mehrstimmigkeit der Notre-Dame-Handschriften liegt somit ein tiefgreifender Medienwandel. Daher traten einerseits Kontinuitäten in der Gestaltung von Melodik und Zusammenklang in der Forschung hinter das kategorial Neue der rhythmisch gefassten musica mensurabilis zurück, obwohl im 13. Jahrhundert Bereiche nicht rhythmisch notierter Musik bleiben: organum purum und die texttragenden Passagen der Notre-Dame-Conductus. Andererseits wurden zahlreiche Versuche unternommen, rhythmische Muster auf die Musik des 12. Jahrhunderts zu projizieren und ältere Zweistimmigkeit der neueren ähnlicher zu machen.
Um hier weiterzukommen, Kontinuität und Differenz klarer beurteilen zu können, braucht es Vergleichsmaterial in Form elektronisch als Volltext durchsuchbarer Editionen. Für die Codierung von nicht-mensuraler und modalrhythmischer Mehrstimmigkeit gibt es bisher aber keinen Standard im Rahmen der MEI (Music Encoding Initiative). Ziel des Seminars ist es, auf solche Standards hinzuarbeiten und die Lücke zwischen den digitalen Editionen von Einstimmigkeit einerseits und mensuraler Mehrstimmigkeit andererseits zu schließen.
Die Erfordernisse der digitalen Editionsstandards müssen sich aus der Spezifik der historischen Repertoires und ihrer Notationen ableiten. Daher werden wir in der ersten Seminarphase die einschlägigen Repertoires kennenlernen, deren Notationen und Theoriekorpora studieren. Ziel ist es, typische „Probleme“ der Quellen und ihrer vorliegenden Druckausgaben zu erfassen. Im zweiten Teil des Seminars arbeiten wir mit Prof. Wolfgang Drescher (HfM) daran, aus unserer philologisch-analytischen Erkenntnis heraus ein Modell für die Datenmodellierung auf den Weg zu bringen, mit dem sich die verschiedenen Korpora so edieren lassen, dass sie untereinander vergleichbar und dennoch in ihrer jeweiligen Eigenheit erfasst werden.
Das Seminar richtet sich primär (aber nicht ausschließlich) an Master-Studierende und BA-Studierende von Uni und Musikhochschule ab dem 4. Semester. Vorerfahrungen mit historischer Notation sind nützlich, aber nicht zwingend. Kenntnisse in XML sind willkommen, aber keinesfalls vorausgesetzt. Was Sie mitbringen sollten ist Lust auf Arbeit mit Handschriften und Notationen und etwas Neugier für digitale Möglichkeiten.
-
Seminar
Popmusikgeschichte seit 1970 am Beispiel der Powerballade
Lehrende: HoltsträterStart: 26.04.2022Tag: Dienstag 10:00–12:00Raum: HS 1119Zielgruppe:Für alle Interessierten, Voraussetzung ist die abgeschlossene Einführungsveranstaltung der Musikhochschule und vertiefte Kenntnisse im musikwissenschaftlichen Arbeiten. Wenn Sie die Veranstaltung besuchen möchten, wenden Sie sich bitte vorab an die Dozierenden.
Modul:Abschluss:Abschluss: benoteter Schein.
Die Geschichte der westlichen populären Musik in den letzten 50 Jahren ist durch verschiedene Umbrüche gekennzeichnet: Technologische Innovationen in der Produktion, Distribution und Rezeption, musikalische Moden und Stile und sich verändernde gesellschaftliche und kulturelle Einflüsse helfen, diese Zeitspanne in verschiedenen musikalische und kulturelle ‚Generationen‘ aufzuteilen. Daneben lassen sich aber auch jahrzehnteübergreifende Kontinuitäten in Form von Geschäftsstrukturen und Personen, Lehr- und Lernverhältnissen sowie Traditionen ausmachen. Anhand der Power-Ballade sollen diese Aspekte beobachten werden, denn dieser Liedtypus ist zentral im gesellschaftlichen (musikalischen) Mainstream verortet und weist zugleich eine Vielfalt an musikalischen Charakteristika verschiedener Genres wie Pop, Rock, Metal, Soul u.a. auf. Neben Einblicken in die damals entstehenden Pop- und Rock-Diskurse werden auch Fragen der Gesangsforschung, der Gender-Forschung, der musikalischen (Song-)Form, der Instrumentation und der Produktionsweisen erörtert.
In dem Kurs werden Quellen und Literatur über die Popmusik in den USA und Deutschland ausgewertet, Songtexte analysiert und historische Zusammenhänge erörtert. Es wird aber auch Musik hörend analysiert und mittels verschiedener bildgebender und Schriftverfahren ausgewertet. Deswegen ist es für den erfolgreichen Besuch der Lehrveranstaltung sinnvoll, über musikalische Grundkenntnisse zu verfügen.
-
Seminar
Mozarts Da Ponte-Opern
Lehrende: Budzinska-BennettStart: 26.04.2022Tag: Dienstag 12:00–14:00Raum: HS 1119Zielgruppe:Für alle Interessierten, Voraussetzung ist die abgeschlossene Einführungsveranstaltung der Musikhochschule. Wenn Sie die Veranstaltung besuchen möchten, wenden Sie sich bitte vorab an die Dozierenden.
Modul:Abschluss:Abschluss: benoteter Schein.
Mozart und sein schillernder Meisterlibrettist Lorenzo Da Ponte schufen mit «Le nozze di Figaro», «Don Giovanni» und «Così fan tutte» eine Trilogie, die zum absoluten Opernkanon gehört. In seiner Vorrede zum Libretto von Le nozze di Figaro bekundet Da Ponte, Komponist und Textdichter hätten dem Publikum «ein sozusagen neues Genre des Theaters» (un quasi nuovo genere di spettacolo) darbieten wollen. Er sagte die Wahrheit: Hinter den burlesken Dienerfiguren, den typischen Maskeraden und Intrigen, den Machtspielen und Liebeleien dieser abgründigen Komödien, finden wir unglaublich genuine Charaktere, die über höchst plastische und individuelle Musiksprache verfügen.
In unserem Seminar werden wir diese vielschichtigen Figuren von Da Pontes Libretti studieren und eine Vielfalt der Arien- und Ensembleformen analysieren. Wir erfahren wie und wo Mozart die alten und neuen kompositorischen Stilmittel einsetzt und wie er die Elemente der opera seria und der opera buffa harmonisch vereint. Wir lernen die Elemente der Affektenlehre, machen uns mit diversen historischen Stimmentypen vertraut und diskutieren, wie die Tonarten-charakteristika und die Art der Instrumentierung die szenische Handlung oder die psychologischen Zustände der Protagonisten deuten und ergänzen können.
Die Begriffe: opera seria, opera buffa, dramma giocoso, recitativo secco, recitativo accompagnato, commedia dell’arte, Affektenlehre
Italienischkenntnisse sind von Vorteil, aber nicht erforderlich.
Literatur:- Edward Joseph Dent, Mozart's Operas: A Critical Study, Oxford University Press 1960.
- William Mann, The Operas of Mozart, London 1977.
- Lorenzo da Ponte, Geschichte meines Lebens. Mozarts Librettist erinnert sich, Frankfurt am M. und Leipzig 2005.
- Charles Rosen, The Classical Style, London 1971.
- Andrew Steptoe, The Mozart-Da Ponte Operas. The Cultural and Musical Background to Le nozze di Figaro, Don Giovanni and Così fan tutte, Oxford Clarendon Press 1988.
-
Seminar
Polnische Musik des Mittelalters und der Renaissance
Lehrende: Budzinska-BennettStart: 26.04.2022Tag: Dienstag 16:00–18:00Raum: HS 1119Zielgruppe:Für alle Interessierten, Voraussetzung ist die abgeschlossene Einführungsveranstaltung der Musikhochschule. Wenn Sie die Veranstaltung besuchen möchten, wenden Sie sich bitte vorab an die Dozierenden.
Modul:Abschluss:Abschluss: benoteter Schein.
Was Das Seminar führt durch die früheste Musikgeschichte Polens und zeigt anhand verschiedener Repertoires wie vielfältig und kreativ das Musikleben zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert dort war. Wir beginnen im Jahre 1000 in Gniezno (Gnesen) mit dem Besuch des römischen Kaisers Otto III., der das Grab des ersten, schon in frühen Hymnen und Sequenzen besungenen Heiligen Polens, Adalbertus würdigte. Danach widmen wir uns den südlichen Klarissenklöstern, die Pariser Notre-Dame-Mehrstimmigkeit pflegten und lernen an der 1364 gegründeten Jagiellonen-Universität ausgebildete Musiker und Komponisten des königlichen Hofes in Krakau kennen.
Die Einzelsitzungen werden diversen Handschriften gewidmet sein, wie etwa das aus dem 15. Jh. stammende Manuskript Kras 52, welches einerseits eine intensive Auseinandersetzung mit italienischer und französischer Kunstmusik, und andererseits wertvolle Einblicke in die lokale Musikproduktion (Nicolaus Radom) offenbart. Wir werden das spätmittelalterliche Schlesien mit spannenden deutsch-polnisch-tschechischen Beziehungen und kulturellen Einflüssen kennenlernen, die sich in solchen Quellen wie dem Glogauer Liederbuch oder dem Neumarkter Cantionale widerspiegeln. Eine Sitzung widmen wir auch der instrumentalen Musik – den Lauten- und Orgeltabulaturen des 16. Jh.
Wir werden uns mit Persönlichkeiten wie dem Kosmopoliten Petrus de Grudencz - «cappellanus» am Wiener Hof der Habsburger - oder Venceslaus Schamotulinus beschäftigen, der als einer der bedeutendsten Renaissance-Komponisten Polens gilt, dessen Werke auch im Ausland (Nürnberg) gedruckt wurden. Wir werfen auch einen Blick auf das Polnische Psalter von Mikołaj Gomółka, das neben der etwas früheren Fassung des Genfer Psalters von Claude Goudimel, eine einzigartige komplette Vertonung des Psalters in der Renaissance darstellt.
Literatur:- Charles Brewer, “The Introduction of the Ars Nova into East Central Europe: A Study of Late Medieval Polish Sources”, PhD diss., City University of New York, 1984.
- Robert Curry, “Fragments of Ars Antiqua Music at Stary Sącz and the Evolution of the Clarist Order in Central Europe in the Thirteenth Century”, PhD diss., Monash University, 2003.
- Paweł Gancarczyk, “Memory of Genre: The Polytextual Motet in Central Europe and its Two Traditions”, in Sounding the Past: Music as History and Memory, hrsg. von Karl Kügle, Turnhout 2020, s. 141-155 https://doi.org/10.1484/M.EM-EB.5.122009.
- Jürgen Heidrich (Hrsg.), Imitatio - Aemulatio - Superatio? Vokalpolyphonie des 15./16. Jahrhunderts in Polen, Schlesien und Böhmen, Jahrbuch für Renaissancemusik, troja 12 (2013) http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hbz:6-35229784885.
- Heribert Ringmann (Hrsg.), Christian Väterlein (Hrsg.), Das Glogauer Liederbuch, Das Erbe deutscher Musik 4 & 8 (Bärenreiter, Kassel 1936-1937) und 85 & 86 (Bärenreiter, Kassel/Basel/London 1981).
-
Seminar
Philosophisch-historische Einführung in die Musikästhetik
Lehrende: Hollaender BauerStart: 27.04.2022Tag: Mittwoch 14:00–16:00Raum: HS 1119Zielgruppe:Für alle Interessierten, Voraussetzung ist die abgeschlossene Einführungsveranstaltung der Musikhochschule. Wenn Sie die Veranstaltung besuchen möchten, wenden Sie sich bitte vorab an die Dozierenden.
Modul:Abschluss:Abschluss: benoteter Schein.
Viele Fragen an die Musik sind älter als der Name ›Musikästhetik‹, vielleicht so alt wie die Musik selbst. Zu den vergleichsweisen jüngeren Problemen gehört dagegen die Diskussion, was mit ›Musikästhetik‹ ihrerseits gemeint sei. Diese Unterscheidung kann nicht zum Schluss haben, die beiden Fragerichtungen – nach Musik einerseits, nach Musikästhetik andererseits – gegeneinander auszuspielen und letztlich über der einen die andere zu vernachlässigen. Entsprechend versammelt dieses Seminar Lektüren, deren Gemeinsamkeit in nicht mehr – aber auch nicht weniger – als einem Nachdenken über Musik besteht. Die Texte führen von der Antike bis in die Gegenwart und sind für das musikaffine Denken teils Epoche spiegelnd, teils epochemachend. Sie suchen zu beschreiben, was Musik ist, und zu bestimmen, was sie sein soll. Sie bedenken den Ursprung wie die Wirkung musikalischer Tätigkeit, das Verhältnis von Musikschaffenden oder Interpreten zur Musik im Kleinen wie von Musik und Gesellschaft im Großen. Musik erscheint als Verderbnis oder Erlösungsversprechen, als eine Kunst unter vielen oder einem Ideal der Künste und Richtschnur von Ästhetik überhaupt. Unter mathematischen, sprachlichen, theologischen, technischen, sozialen, kompositorischen, historischen, neurowissenschaftlichen, literarischen, philosophischen Vorzeichen wird er gesucht: der ›Sinn‹ von Musik. So soll durch dieses Curriculum nicht nur über Musik nachgedacht, sondern dieses Nachdenken selbst reflektiert werden. Das Seminar stellt keinen musikästhetischen Kanon vor – den es möglicherweise gar nicht geben kann. Wenn schon nicht kanonisch, so ist die Textauswahl immerhin exemplarisch und kann durch einen Eindruck entschädigen, was Musik und Musikästhetik gewesen sein könnten, sein können und vielleicht sein werden.
-
Seminar
Musik und Krieg – Aspekte einer Wechselbeziehung
Lehrende: Steiner-GrageStart: 27.04.2022Tag: Mittwoch 16:00–18:00Raum: HS 1119Zielgruppe:Für alle Interessierten, Voraussetzung ist die abgeschlossene Einführungsveranstaltung der Musikhochschule und vertiefte Kenntnisse im musikwissenschaftlichen Arbeiten. Wenn Sie die Veranstaltung besuchen möchten, wenden Sie sich bitte vorab an die Dozierenden.
Modul:Abschluss:Abschluss: benoteter Schein.
Stets gab es im Verlauf der Geschichte Wechselbeziehungen zwischen Musik und Krieg – durch den derzeitigen Ukraine-Krieg sind diese zu trauriger Aktualität gelangt. Im Seminar beschäftigen wir uns mit unterschiedlichen Facetten des Themas, angefangen bei anlassbezogenen Gelegenheitswerken wie Clement Janequins Chanson La Guerre (1528), einer vokalen Battaglia; ihr folgen viele weitere „Schlachtmusiken“, in denen illustrativ der Aufmarsch der Heere, diverse Kampfhandlungen und auch abschließende Siegesfeiern geschildert werden (besonders die Napoleonischen Befreiungskriege von 1813-1815 hinterließen musikalisch einen reichen Nachhall). Ist man auch heute eher geneigt, solche anlassgebundenen Gelegenheitswerke als „mindere“, zu Recht vergessene Musik abzutun, reihen sich doch überraschend viele bekannte Namen in diese Tradition ein: Carl Maria von Weber (Kantate Kampf und Sieg op. 44), Louis Spohr (Kantate Das befreite Deutschland WoO 64), nicht zuletzt Ludwig van Beethoven (Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria op. 91).
Einen weiteren Teil bilden Werke, die auf einer abstrakteren Ebene über den Krieg und seine entsetzlichen Folgen reflektieren: Die Gräuel des I. Weltkrieges verarbeitet etwa Max Reger in seinem (nicht vollendeten lateinischen) Requiem WoO V/9. Der erste Satz von Dmitri Schostakowitschs 1941 entstandener 7. Sinfonie („Leningrad“) sollte nach Aussagen des Komponisten ursprünglich den Titel „Krieg“ tragen und „das Bild unseres kämpfenden Landes in Musik festhalten“. In diese Rubrik fallen auch Trauermusiken (wie Benjamin Brittens „War Requiem“) und natürlich Anti-Kriegs-Lieder aus späterer Zeit.
Nicht zuletzt wird Musik im Krieg seit jeher auch zu Propagandazwecken eingesetzt (vgl. etwa die vielen patriotischen Hymnen im I. Weltkrieg, die Lieder der Hitlerjugend im II. Weltkrieg oder aktuell viele z.Tl. neu textierte YouTube-Videos über den Ukraine-Krieg von 2022 in den sozialen Medien). Auch die zweifelhafte „Nutzung“ von Musik als Waffe, z.B. durch einen gezielten Einsatz von lautem Heavy Metal als Mittel, um die Psyche des „Feindes“ gezielt zu unterwandern (Stichwort Guantanamo), soll in diesem Zusammenhang untersucht werden.
Eine Liste aller Werke, die wir im Seminar näher betrachten werden, wird ab Ende März bekannt gegeben. Interessenten für einzelne Referatsthemen (auf Wunsch gerne auch eigene Themen) mögen sich bitte dort eintragen oder per E-Mail bei mir melden!
-
Seminar
Minimalismus in U und E-Musik
Lehrende: HaberStart: 28.04.2022Tag: Donnerstag 10:00–12:00Raum: HS 1119Zielgruppe:Für alle Interessierten, Voraussetzung ist die abgeschlossene Einführungsveranstaltung der Musikhochschule. Wenn Sie die Veranstaltung besuchen möchten, wenden Sie sich bitte vorab an die Dozierenden.
Modul:Abschluss:Abschluss: benoteter Schein.
Die Kategorien des musikalischen Minimalismus scheinen spätestens seit dem Aufkommen der „Minimal Music“ an der Ostküste der Vereinigten Staaten Mitte der 1970er Jahre definiert. Doch im Laufe der letzten 40 Jahre haben sich die Kompositionstechniken der ursprünglichen Minimalisten verändert, bzw. beeinflussten wechselseitig die unterschiedlichsten Genres von Jazz, Pop, über Rock und Klassik. Diese Erweiterung des genrespezifischen Spektrums führte zu einer Veränderung des (musikwissenschaftlichen) Diskurses, dessen vermeintliches Ende zur Erkenntnis führte, dass der Regelkatalog des Minimalismus so breit aufgefächert worden war, dass mit gutem Gewissen in jedem Musikstück etwas „Minimalistisches“ zu finden wäre. Die Problematik dieses Ergebnisses wird zum Anlass genommen, um im Seminar die Techniken und Strategien des Minimalismus genau zu definieren und am konkreten Beispiel aufzuzeigen, sowie diese Mittel von den Kategorien der etwas allgemeiner gefassten Strategie der musikalischen Reduktion abzugrenzen.
Literatur:- Linke, Ulrich: Minimal Music: Dimensionen eines Begriffs, Essen, 1997.
- Lovisa, Fabian R.: Minimal-Music: Entwicklung, Komponisten, Werke, Darmstadt, 1996.
- Wilson, Peter Niklas: Reduktion: Zur Aktualität einer musikalischen Strategie, Mainz, 2003.
- Schwarz, K. Robert: Minimalists, London, 1996.
-
Seminar
Einführung in die Ethnomusikologie – Historische Aufführungspraxis in interkultureller Perspektive
Lehrende: MaraqaStart: 28.04.2022Tag: Donnerstag 14:00–16:00Raum: HS 1119Zielgruppe:Für alle Interessierten, Voraussetzung ist die abgeschlossene Einführungsveranstaltung der Musikhochschule. Wenn Sie die Veranstaltung besuchen möchten, wenden Sie sich bitte vorab an die Dozierenden.
Modul:Abschluss:Abschluss: benoteter Schein.
Als Unterdisziplin der Musikwissenschaft befasst sich die Ethnomusikologie (Musikethnologie) in Forschung und Lehre mit dem Studium der Musikkulturen der Welt. Ihr Gegenstand ist jede Art der menschlichen Beschäftigung mit der Musik und der damit hervorgebrachten kulturellen Wertschöpfungen. Nicht nur die Musik als Klangphänomen bzw. das musikalische Produkt steht im Fokus der Betrachtung, sondern auch alle damit verbundenen Prozesse der menschlichen Produktion und Rezeption. Mit anderen Worten: Um musikalische Strukturen verstehen zu können, ist es notwendig, vorerst die kulturellen Konzepte der Menschen verstehen zu lernen, die diese Strukturen hervorbringen. Dazu verknüpft die Ethnomusikologie musikologische mit anthropologischen Forschungsmethoden. Neben einem historischen Überblick über die Entwicklung dieses Faches von den Anfängen bis hin zu den heutigen Forschungsausrichtungen, widmet sich das Seminar anhand ausgewählter Regionalfallstudien der kritischen Besprechung der Arbeitsgebiete, Methoden, Theorien und Ziele der Ethnomusikologie. Ziel des Seminars ist es, die Studierenden für das Nebeneinanderstehen verschiedener musikästhetischer Konstrukte und Weltvorstellungen von Musik zu sensibilisieren, und sie dazu zu bewogen, Musik als Mittel der Kommunikation und im funktionalen Kontext kultureller Vielfalt zu begreifen.
-
Seminar
Historische Aufführungspraxis in interkultureller Perspektive
Lehrende: MaraqaStart: 30.04.2022Blockzeiten:Datum Uhrzeit Ort 30.04.2022 10:00–14:00 07.05.2022 10:00–18:00 25.06.2022 10:00–18:00 09.07.2022 10:00–18:00 Raum: HS 1119Zielgruppe:Für alle Interessierten, Voraussetzung ist die abgeschlossene Einführungsveranstaltung der Musikhochschule. Wenn Sie die Veranstaltung besuchen möchten, wenden Sie sich bitte vorab an die Dozierenden.
Modul:Abschluss:Abschluss: benoteter Schein.
Für die Kunstmusik des Westens hat sich die „historische“, „historisierende“ oder „historisch informierte“ Aufführungspraxis als Forschungsbereich längst etabliert. Notations-, Gesangs- und Instrumentenkunde, Spieltechniken, Raumakustik und Stimmungssysteme „Alter Musik“ (in der Regel Musik, von der uns ein Traditionsbruch trennt) werden seit Jahrzehnten erforscht und für die Praxis vermittelt. Auch wenn die Idee einer „historisch getreuen“ Interpretation für manche eine Utopie bleibt und die historische Aufführungspraxis weniger eine „Rekonstruktion“ als vielmehr ein „eigner Stil“ sei (C. Dahlhaus), kann man auf der Grundlage einer musikhistorisch und aufführungspraktisch ausgerichteten Quellenforschung nicht nur in Vergessenheit geratene Repertoires wiederbeleben, sondern sich auch der konkret historischen Musizierart nähern, solange (notierte) Quellen vorliegen.
Bekanntlich ist das Phänomen der musikalischen Schriftlichkeit aber kein rein westliches. Auch andere Kulturen haben eigene Notationsverfahren entwickelt oder sich die europäische Notenschrift zur Aufzeichnung ihrer Musik angeeignet. Im Osmanischen Reich sind Notensammlungen bereits seit der Mitte des 17. Jahrhundert bekannt. Diese Sammlungen beinhalten einen großen Teil des Instrumental- und Vokalrepertoires der Zeit. Erst in den letzten Dekaden hat man sich der kritischen Edition dieser Sammlungen gewidmet. Nicht selten ist man dabei auf Probleme der richtigen Interpretation von Gattungen, rhythmischen und melodischen Strukturen gestoßen. Als besonders komplex hat sich die Frage nach dem Tonsystem und der „richtigen“ bzw. intendierten Intonation erwiesen. In der Regel bediente man sich eines heute als gültig betrachteten Tonsystems. Neue Forschung (v.a. Jacob Olley) hat jedoch gezeigt, dass die heutige Musiktheorie ein künstliches Produkt des späten Osmanischen Reichs (grob um 1900) ist. Entsprechend liegen konkurrierende Wissenschaftliche Ansätze vor, die mit Tonsystem und Intonation ins Zentrum der Frage nach dem Klang der Musik fallen.
Hier setzt das Seminar an. Es verbindet Quellenarbeit und künstlerisch-praktisches Ausprobieren, um dieses alte Repertoire ganzheitlich im Lichte der zeitgenössischen musiktheoretischen Diskussionen zu bewerten und künstlerisch zu interpretieren. Es richtet sich an alle interessierten Studierenden des Musikwissenschaftlichen Seminars und der Hochschule für Musik. Besonders willkommen sind Angehörige des Instituts für Historische Aufführungspraxis an HfM, von deren Erfahrungen in diesem Bereich sich das Seminar erhofft, stark zu profitieren.
Ein weiteres Ziel des Seminars ist es, ein Konzertprogramm zusammenzustellen, das nach Möglichkeit im Wintersemester aufzuführen ist. Die Idee ist es, eine historisch informierte musikalische Begegnung von osmanischer und europäischer Hofmusik zu inszenieren.