Bizets »Carmen« und die Spanienmode auf den Pariser Bühnen im 19. Jahrhundert
Statistiken zufolge ist Georges Bizets Oper Carmen die am häufigsten aufgeführte Oper überhaupt. Die in der andalusischen Stadt Sevilla angesiedelte Handlung, „Carmen“ als schöne, wilde und freiheitsliebende Hauptperson und auch Bizets Musik mit ihrem typisch „spanischen“ Kolorit prägen die akustische und optische Vorstellung Spaniens vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis heute. Allerdings setzte Georges Bizet nie im Leben einen Fuß nach Spanien – seine akustische Evokation des Nachbarlandes beruht ausschließlich auf einer Mischung aus Quellenrecherche und blühender Fantasie. Die auf Pariser Bühnen seit etwa 1850 grassierende Mode an spanischen Tänzen und bunten Kostümierungen tat ihr übriges, um das Klischee von Carmen als „der“ prototypischen Verkörperung Spaniens fest zu zementieren: Die österreichische Tänzerin Fanny Elßler, die mit ihrer – durch spanische Kastagnetten angereicherten – „Cachucha“ auf den Pariser Bühnen riesige Erfolge feierte, ist nur eines von vielen Beispielen für die enorme Spanienbegeisterung im Frankreich des 19. Jahrhunderts…