Musik verschriftlicht: Notationssysteme aus dem Nahen und Fernen Osten
Wie lässt sich Musik in Schrift fassen – und mit welchem Ziel? In diesem Seminar widmen wir uns Notationssystemen aus dem Nahen und Fernen Osten und beleuchten ihre kulturellen, historischen und funktionalen Kontexte. Im Mittelpunkt steht die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Formen musikalischer Verschriftlichung – etwa in der arabischen Welt, im Osmanischen Reich (Türken, Armenier und Griechen), China, Korea oder Japan – sowie mit der engen Verflechtung von Schriftlichkeit und Mündlichkeit in vielen dieser Musikkulturen.Ein zentrales Anliegen des Seminars ist es, den westlichen Blick auf Notation zu relativieren. Nichtwestliche Notationen folgen häufig ganz anderen Prinzipien: Sie dienen nicht primär der exakten Reproduktion eines „Werks“, sondern oft als Gedächtnishilfe, als pädagogisches Werkzeug oder als Teil eines mündlich überlieferten musikalischen Prozesses. Auch hochkomplexe Systeme wie Zither-Tabulaturen in Ostasien zeigen, dass musikalische Verschriftlichung weltweit vielfältige und eigenständige Entwicklungen genommen hat.Das Seminar lädt dazu ein, sich mit exemplarischen Notationen zu beschäftigen, ihre Funktionen zu hinterfragen und die Rolle von Verschriftlichung im Spannungsfeld zwischen Tradition, Praxis und Erinnerung zu untersuchen. Gemeinsam erarbeiten wir, wie durch diese Vielfalt auch neue Perspektiven auf musikalische Schriftlichkeit entstehen können.