Seminar

Der Urtext genügt nicht: Beethovens Klaviersonaten im Lichte von Carl Czernys Hinweisen zur Aufführungspraxis (zusammen mit Prof. Hardy Rittner)

Lehrende: Willimann , Rittner
Fachbereich: Musikwissenschaft
Start: 23.04.2020
Tag: Donnerstag 14:00–16:00 Raum: online (Anmeldung auf der Plattform GLAREAN, "Beitritt nach Bestätigung".)
Raum: online
Zielgruppe:

Alle interessierten Studierenden und Gaststudierende

Modul: Musikwissenschaft 1 und 2
Abschluss:

Bei aktiver Teilnahme inkl. Referat Testat (unbenotet) bzw. KP (BA/MA); benoteter Schein mit KP für schriftl. Hausarbeit

Beethovens 32 Klaviersonaten gehören zum kanonischen Bestand der klassischen Musik in Konzert und Ausbildung. Ja sie gelten gar, nach einem Bonmot von Hans von Bülow, als „Das Neue Testament aller Klavierspieler“ (neben J.S. Bachs Sammlung „Das wohltemperierte Klavier“ als „Altem Testament“). Beethovens Schüler und Freund Carl Czerny (1791-1857) gibt im vierten und letzten Band (1842) seiner umfangreichen Pianoforte-Schule zahlreiche Hinweise zur Interpretation von Beethovens Sonaten, die er sozusagen aus erster Hand überliefert. Sie zu kennen und abzuwägen, zählt zu den unverzichtbaren Voraussetzungen einer historisch informierten Aufführungspraxis, aber auch eigener Entscheidungen der Interpretation. In Ergänzung zum vorausgehenden dritten Buch Czernys – „Von dem Vortrage“ (1839) – ergeben sie ein prägnantes Bild von heute oft vergessenen Selbstverständlichkeiten und Besonderheiten des pianistischen Vortrags in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Lektüre von Czernys Zeugnissen soll in Verbindung mit der praktischen Erprobung am Instrument erfolgen. – Im Speziellen ist ein immer wieder avantgardistischer Pedalgebrauch von Interesse (z.B. Sonate Op. 27,2: 1. Satz) sowie die Dimension der Kantabilität. Zum letzten Punkt gibt es überdies viel Aufschlussreiches in Beethovens Anmerkungen zu den Cramer-Etüden, und etwa der erste Satz der Sonate Op. 26 bietet entsprechende Herausforderungen. – Beabsichtigt ist auch ein Besuch in Bad Krozingen, wo das Spiel auf historischen Flügeln die Unterschiede zu modernen Instrumenten erfahrbar macht. (Ob der Besuch noch in diesem Semester möglich sein wird, hängt von der weiteren Entwicklung der derzeit herrschenden Pandemie ab. Wir entscheiden im Laufe des Semesters.) - Anmeldung auf der Plattform GLAREAN, "Beitritt nach Bestätigung".

Literatur:
  • 1. Czerny, Carl: Über den richtigen Vortrag der sämtlichen Beethoven’schen Klavierwerke. Czerny’s ‚Erinnerungen an Beethoven’ sowie das 2. und 3. Kapitel des IV. Bandes der ‚Vollständigen theoretisch-practischen Pianoforte-Schule, op. 500’, hrsg. und kommentiert von Paul Badura-Skoda, Wien: UE 1963 (auch in Englisch: Wien UE 2008). 2. Czerny, Carl: Von dem Vortrage. Dritter Teil aus ‚Vollständige theoretisch-practische Pianoforte-Schule, op. 500’, hrsg. v. Mahlert, Ulrich, Wiesbaden: Breitkopf & Härtel 1991. 3. Cramer, Johann Baptist: 21 Etüden für Klavier nebst Fingerübungen von Beethoven. Nach dem Handexemplar Beethovens aus dem Besitz Anton Schindlers, hrsg. v. Kann, Hans, Wien: UE 1974. 4. Hinrichsen, Hans-Joachim: Beethoven. Die Klaviersonaten, Kassel etc.: Bärenreiter 2013. 5. Haymoz, Jean-Yves; Herklots-Jeanningros, Laurence: L’Urtext ne suffit pas. Jouer Beethoven à la lumière de Czerny, in : Dissonance 116, Dez. 2011, S. 25-34.