Seminar

Mendelssohns Komponieren: Von der Skizze zur Hörsteuerung

Lehrende: Küster
Fachbereich: Musikwissenschaft
Start: 19.04.2023
Tag: Mittwoch 08:30–10:00
Raum: HS 1119
Zielgruppe:

Teilnahmevorausssetzung ist die erfolgreiche Teilnahme an der »Einführung in die Musikwissenschaft« und das erfolgreiche Verfassen mindestens einer schriftlichen Prüfungsleistung.

Modul:
Abschluss: Keine Angaben

Mendelssohn gilt als romantischer Komponist. Gemessen an literarischer Romantik wäre er damit mindestens eine Generation zu jung gewesen: Letztlich lebte und wirkte er in einer historischen Epoche, die (insofern restlos nachromantisch) mit Blick auf die Märzevolution von 1848 als »Vormärz« gilt. Tatsächlich prägte er dieses Lebensgefühl maßgeblich: mit seinen musikalischen Leitungsaufgaben in Düsseldorf, Berlin und vor allem in Leipzig. Und sie hatten eine Vorbildfunktion für ganz Mitteleuropa: Seine Lenkung des Musikgeschmacks eines bürgerlichen Publikums prägte auf Generationen hinaus einen internationalen musikalischen Kulturkanon. Man mag es daraufhin schon ahnen: Auch das, was sein Publikum in seiner Musik als romantisch empfand, hat er »bewusst« angelegt, und so verschiebt sich der Fokus dabei, sich Mendelssohn zu nähern: In den Vordergrund tritt, wie Mendelssohn schon beim Komponieren das Hören des Publikums gesteuert hat – einst wie heute.

Mit diesem Ansatz steht Mendelssohn nicht allein. An seinem Werk lässt sich dies aber exemplarisch betrachten. Ohnehin kann ein Komponist sich nicht leisten, nur »auf Sicht« zu fahren und beim Beginn des Schreibens vielleicht noch nicht im Sinn zu haben, wie sich »das Spiel über die Zeit bringen« lasse. Gerade für Mendelssohn tritt aber in den Vordergrund, dass dieses vorausschauende Planen einer Komposition auch für den Publikumseindruck galt.

Die moderne Editionspraxis seiner Werke ist mittlerweile gerade eben weit genug, um für diesen Ansatz punktuell auch in die Tiefe der Kompositionsdokumente vordringen zu können. Für andere Werke lässt sich dieses »Komponieren fürs Hören« auch rein analytisch bestimmen. Wir sollten daher sehr weitgehend gemeinsam arbeiten und den Rahmen dafür, was sich für Mendelssohn zwischen erster Idee und Aufführung ergeben haben muss, in gemeinsamer Diskussion abstecken. So lässt sich auch formulieren, was Sie als Teilnehmende gerne mitbringen sollten: vor allem eine gute Kenntnis der Werke vor allem beim Hören. Eine Werkliste ist ab Mitte/Ende März im ILIAS-Ordner verfügbar; je nach Zeit und Lust beschäftigen Sie sich gerne vorab jeweils mit unterschiedlichen Einspielungen, so dass wir zu Semesterbeginn gemeinsam bestimmen können, welche Werke (auch: Sätze), die wir alle gut vom Hören kennen, im Zentrum des Seminars stehen sollen.

Anhang: Dieselbe Fragestellung prägt auch sehr viel jüngere Musik. Es geht um Musikströmungen aus der Zeit der »langen 1980er-Jahre«, die am 4.–5. Juli Thema einer internationalen Tagung am Musik-wissenschaftlichen Seminar sein werden. Mendelssohns bürgerlicher Musikbegriff weist insofern darauf voraus. Anders gefragt: Warum eigentlich spielte dies während weiter Teile des 20. Jahrhunderts keine Rolle, auch in der Apologetik der Neuen Musik? Alle Seminar-Teilnehmenden sind daher hierzu besonders herzlich eingeladen!

Hinweis für Studierende der Musikhochschule: Es handelt sich um ein Seminar mit schriftlicher Arbeit, eine rein mündliche Teilnahme ist nicht möglich. Bitte teilen Sie bei Ihrer Anmeldung (ganz kurz) mit, in welcher Weise Sie die Teilnahmevoraussetzungen erfüllen.