Josquin des Prez gilt als herausragender Komponist seiner Zeit, die man musikgeschichtlich als eine erste Phase der Hochrenaissance verstehen kann („High Renaissance“ bei Howard Mayer Brown: Music in the Renaissance, Prentice-Hall 1976/1999). Die Vorlesung behandelt – neben Schlüsselkompositionen Josquins – ausgewählte Werke wichtiger Zeitgenossen: zunächst der beiden älteren Guillaume Dufay (Kathedrale von Cambrai) und Johannes Ockeghem (französischer Königshof). Deren Schreibweise konnte Josquin aufgreifen und weiterentwickeln: als Sänger-Komponist der päpstlichen Kapelle in Rom (ab 1486), als Hofkomponist in Ferrara (1503/04) und weitere lange Jahre als Kleriker der Kathedrale von Condé sur l'Escaut (bis 1521). Von den etwa gleichaltrigen Komponisten in unterschiedlichen Wirkungsfeldern kommen zur Sprache: Heinrich Isaac, der als Hofkomponist des Kaisers Maximilian I. eine wichtige Rolle spielte für den deutschen Sprachraum; Jakob Obrecht, der Josquins Nachfolger in Ferrara wurde und dort an der Pest starb (1505); Pierre de la Rue, der im Dienste des Habsburgisch-Burgundischen Hofes u.a. auch nach Spanien und England reiste und kontrapunktische Kanonkünste ganz besonders liebte; Jean Mouton, der um 1514 am französischen Hof zum wichtigsten Komponisten avancierte und dort auch für den jungen Adrian Willaert, den späteren Initiator der «Venezianischen Schule», prägend war. Wesentlich jünger als Josquin war Ludwig Senfl, Schüler Isaacs, der in einer eindrücklichen Komposition dem Vorbild Josquin huldigt und es kompositorisch kommentiert (sechstimmige «Ave Maria … virgo serena»-Motette über Josquins vierstimmiges Stück gleichen Namens).