Seminar

Proseminar/Hauptseminar: Bachs Messen

Lehrende: Küster
Fachbereich: Musikwissenschaft
Start: 21.04.2021
Tag: Mittwoch 08:30–10:00
Raum:
Zielgruppe:

Für alle Interessierten, Voraussetzung ist die abgeschlossene Einführungsveranstaltung der Musikhochschule und vertiefte Kenntnisse im musikwissenschaftlichen Arbeiten.

Modul:
Abschluss:

benoteter Schein

Die lateinische Vokalmusik Bachs bietet einen ungewohnten Blick auf dessen Werk – der aber ziemlich umfassend ausfällt. Ungewohnt mag das Konfessionelle sein, doch es war keineswegs „katholisch“, dass im Leipziger Gottesdienst lateinische Komponenten vorkamen; bis ins 18. Jahrhundert war dies auch im Luthertum gerade für Städte (erst recht: Bildungszentren mit Universitäten) Standard. Ungewohnt wirkt zudem die Rezeption: Denn ehe die junge Musikforschung sich Bachs deutschsprachige Kirchenkantaten systematisch erschloss (ab 1851), war fast alles, was von Bach mit lateinischen Texten überliefert ist, bereits im Druck erschienen, also vor allem die h-Moll-Messe, zwei der vier Kyrie-Gloria-Kombinationen BWV 233–236 oder das Magnificat BWV 243; dass sich diese Werke neben den Kirchenkantaten behaupten mussten, ist also keinesfalls schon immer so gewesen.

Schließlich aber eröffnen die Kompositionen ohnehin einen breiten Zugang zu seinem Vokalwerk: Denn zahlreiche Sätze dieser Messen haben eine Vorgeschichte in seinen Kantaten. Warum also hat er diese Kompositionen durch „Parodie“ in die neuen Werkzusammenhänge überführt? War er eine Art „Eigene-Werke-Junkie“? Oder wollte er bestimmten Kompositionen eine längere Lebensdauer ermöglichen – weil er sah, dass sein Kantatenwerk von der Kurzlebigkeit theologischer Denkmuster (die sich ja in den Texten spiegeln) mit in den Abgrund gerissen werde? Warum wählte er dann gerade diese Sätze aus – und nicht andere? Fragen wie diese sind bis heute unbeantwortet. Und zum gottesdienstlichen Kontext: Wie sahen überhaupt weitere lateinisch textierte Kompositionen aus, die Bach in Leipzig aufführte – Werke, die gemeinsam mit den Splittern seiner Notenbibliothek die Zeiten überdauert haben?

In dem Seminar, das auf Hauptseminars-Niveau abgestimmt (aber auch für interessierte Studierende im 2. Semester offen) ist, geht es also um liturgische Bedingungen in Leipzig (als der Dienstnormalität Bachs) und Dresdens (als dem Zielort der Widmung von Kyrie und Gloria der h-Moll-Messe), um vergleichende Analyse (a) vor allem der Messensätze und ihrer kompositorischen Vorlagen und (b) der Realisierungsstrategien in den Messen selbst; es geht ebenso um das Herausarbeiten „normaler“ und „komplexer“ Fugentechniken, die in den Sätzen eine Rolle spielen, ebenso um Konzepte, die in den wenigen neu komponierten Anteilen besonders der h-Moll- und A-Dur-Messe etwas über „Bachs Spätwerk“ aussagen können. Und zudem kann das Seminar ein Einstieg dabei sein, sich mit den vielleicht verschlungen wirkenden, weltweiten Argumentationen auseinanderzusetzen, die das Werk Bachs (zweifellos ein Schlüsselthema der Musikwissenschaft) hervorgebracht hat.

Wer schon vor dem offiziellen Vorlesungsstart sich mit einem spezifischen Arbeitsthema befassen (bzw. auch nur: sich ein solches sichern) möchte, ist dazu herzlich eingeladen: Bitte nehmen Sie dann Kontakt mit konrad.kuester@muwi.uni-freiburg.de auf.